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19.01.06 –
Das ist wesentlich mehr, als ein Geringverdiener im Jahr verdient. Zudem verliert der Staat Steuern und Sozialbeiträge. Billiger wäre es, würde das Arbeitslosengeld II (ALG II) sinken. Dann jedoch blieben diejenigen,
die trotz Kombilohn keine Arbeit fänden, unter dem Existenzminimum.
Kombilöhne vernichten Arbeitsplätze, weil es für Unternehmen günstiger ist, jemanden, der einen regulären Arbeitsplatz hat, zu entlassen und zu einem niedrigeren Lohn plus staatlicher Subvention wieder einzustellen.
Kombilöhne höhlen den Tariflohn aus, es würde immer noch den
subventionierten Niedriglohn unterhalb der niedrigsten Lohngruppe geben. Unternehmen würden sich dann immer auf die geringe Produktivität der unqualifizierten Arbeiter berufen und sie lieber zu einem Kombilohn als zu einem Tariflohn einstellen. Damit zieht workingpoor in großem Umfang in Deutschland ein. Die Frage, ob ein Lohn die Existenz sichern sollte, würde keine Rolle mehr spielen.
Kombilöhne degradieren die Bezieher, da sie sie dauerhaft abhängig von staatlichen Transfers machen.
Kombilöhne gibt es bereits. Bei den Zuverdienstmöglichkeiten im ALG II, den Minijobs als Zusatzjobs, dem Kinderzuschlag und dem Einstiegsgeld für Ältere legt der Staat auf geringe Verdienste noch was drauf.
Kombilöhne in großem Umfang sind in Deutschland bereits gescheitert. Das Mainzer Modell auf Bundesebene wurde nach einem Jahr mangels Erfolg wieder eingestellt.
Viel Lärm um nichts. Kombilöhne sind wirkungslos oder unbezahlbar. Auch die Union kennt dieses Dilemma. So wird sie letztendlich nur eine weitere Lohnsubvention für Langzeitarbeitslose erfinden. Pofalla und Meyer deuten das an, wenn sie davon sprechen, den Kombilohn kostenneutral zu halten, zu befristen und auf bedürftige Personen zu beschränken. Das ist ein reines Placebo und bedeutet mehr Bürokratie in der Bundesagentur für Arbeit. Zudem ist die Einschränkung auf bestimmte Personengruppen willkürlich und sachlich nicht zurechtfertigen. So wird kein einziger neuer Arbeitsplatz geschaffen.
Das grüne Progressiv-Modell kommt zielgerichtet allen Geringverdienern zugute. Es ist dennoch wesentlich günstiger als ein flächendeckender Kombilohn und verhindert Mitnahmeeffekte. Zudem birgt es nicht die Gefahr, dass bestehende Arbeitsverhältnisse durch subventionierte Kombilohnarbeitsplätze ersetzt werden. Arbeitsplatzpotenziale werden erschlossen, indem es sich dank der geringeren Lohnnebenkosten für die Unternehmen lohnt, Jobs für gering Qualifzierte anzubieten.
Das Progressiv-Modell, so funktioniert's...
Die finanzierbare Alternative zum Kombilohn.
10. Januar 2006
Wir brauchen in Deutschland mehr Arbeitsplätze im Bereich von Dienstleistungen aller Art sowie Arbeit für Leute mit geringen Qualifikationen. Unser heutiges System von Sozialabgaben verhindert das Entstehen von Jobs in diesen Bereichen bzw. treibt Arbeit in Schwarzarbeit. Deswegen wollen wir mit dem grünen Progressiv-Modell einen anderen Weg gehen, der neue Arbeit schafft und Schwarzarbeit reduziert.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Belastung kleiner Einkommen mit Sozialabgaben zu senken. Einen Vorschlag für ein Modell gleitend einsetzender Belastung der Sozialversicherungsbeiträge stellen wir hier vor.
Im Steuersystem wird als selbstverständlich und gerecht empfunden, was es bei den Sozialversicherungsbeiträgen bisher nicht gibt, nämlich eine mit dem Einkommen zunehmende Höhe der Abgaben. Wer wenig verdient, muss auch prozentual weniger Sozialabgaben bezahlen. Eine solche Progression würde die enorme Arbeitsmarkthürde der hohen Lohnnebenkosten gerade für diejenigen senken, die bisher wenig mit nach Hause nehmen, schwarz arbeiten oder ganz ohne Job sind.
Erst ab einem Bruttoeinkommen oberhalb von 2.000 € sollen die volle Last der Sozialversicherungsabgaben von heute zusammen rund 42 Prozent (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) anfallen. Für alle Einkommen bis 2.000 € sollen die Beitragssätze langsam ansteigen. Bei einem Bruttoeinkommen von 400 € sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach unseren Vorstellungen so nur je 10% Beiträge, zusammen also 20% entrichten. Bei einem Bruttoeinkommen von 800 € wären zusammen 25% fällig. Bei einem Bruttoeinkommen von 1.200 € stiege die Belastung auf zusammen 30%, bei 1.600 € läge sie bei 35%. Erst bei 2.001 € Bruttoeinkommen würden die jetzt schon bei einem Bruttoeinkommen von 801 € fälligen vollen 42% Sozialversicherungsbeiträge einsetzen.
Damit wären deutliche Entlastungen in der Abgabenlast auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite verbunden. Bei einem Bruttoeinkommen von 800 € müssten beide zusammen 17 Beitragspunkte weniger entrichten und hätten zusammen 154 weniger Belastung. Bei einem Bruttoeinkommen von 1.600 € wäre es immer noch eine Entlastung von zusammen 132 €. Durch die Verringerung der Abgaben können Arbeitgeber mehr Arbeitsplätze und neue Dienstleistungen anbieten. Neue Beschäftigung entsteht. Für Arbeitnehmer ist es einfacher, den Einstieg in Beschäftigung zu finden und ein Gehalt zu bekommen, das die Existenz sichert.
In unserem Progressiv-Modell sind alle Arbeitnehmer vom ersten Euro an Mitglied in der Kranken-, in der Renten-, in der Pflege- und in der Arbeitslosenversicherung. Die bisherige Minijob Regelung würde in unserem Modell aufgehen. Bisherige Minijobber wären in Zukunft vollständige Mitglieder in den Sozialversicherungen. Damit wäre ein entscheidender Nachteil der jetzigen Minijob-Regelung beseitigt, nämlich die mangelhafte soziale Absicherung. Ein Verlust an Arbeitsplätzen wäre dennoch nicht zu erwarten. Die Minijobs würden als Arbeitsplätze in der neuen Regelung fortbestehen und ausgeübt werden. Die Abgabenlast wäre mit 20% bei 400 € Bruttoeinkommen im Progressiv-Modell sogar geringer als sie jetzt mit 25% Pauschalbeitrag für Arbeitgeber bei einem 400 € Minijob ist. Das Haushaltsscheck-Verfahren für haushaltsnahe Minijobs würde beibehalten werden.
Durch die Absenkung der Beiträge für kleine Einkommen entstehen für die Sozialversicherungsträger Einnahmeausfälle. Zudem erhalten bisherige Minijobber eigene Ansprüche in den Sozialversicherungszweigen. Beides stellt zusätzliche Belastungen für die Sozialversicherungsträger dar. Dem stehen zusätzliche Beitragseinnahmen durch den Zuwachs an Beitragszahlern durch die Mehrbeschäftigung gegenüber. Diese zusätzlichen Beitragseinnahmen werden den Finanzierungsbedarf jedoch nicht vollständig decken können. Deshalb ist eine Gegenfinanzierung aus Steuern notwendig. Diese Umfinanzierung der sozialen Sicherheit weg von Abgaben hin zu Steuern ist jedoch beschäftigungspolitisch notwendig und steuerpolitisch möglich. Insbesondere die skandinavischen Länder haben uns vorgemacht, wie man mit stärker steuerfinanzierten Sozialsystemen Beschäftigung aufbauen kann.
Anders als bei dem Freibetragsmodell, das der DGB für die Sozialversicherungssysteme vorgeschlagen hat und das eine Gegenfinanzierung von über 36 Milliarden € erfordert, wäre der Finanzierungsbedarf für das Progressiv-Modell deutlich geringer. Ein Freibetrag wirkt beschäftigungspolitisch ähnlich gut, entlastet aber neben den kleinen auch die höheren Einkommen. Das Progressiv-Modell konzentriert die Entlastung dagegen dort, wo sie notwendig ist und beschäftigungspolitische Wirkung entfaltet. Durch diese Konzentration sinkt auch der Gegenfinanzierungsbedarf beträchtlich. Die Vereinfachung des Steuersystems und ein Finanzierungsmix aus direkten und indirekten Steuern stellen die notwendigen Mittel zur Verfügung.
Lohnnebenkosten sind nicht in jedem Bereich ein wesentliches Beschäftigungshindernis. In Dienstleistungsbereich mit geringen Löhnen spielen sie jedoch eine erhebliche Rolle. Zudem ist es aus Effizienzgründen notwendig die Entlastung nur dort vorzunehmen, wo sie tatsächlich Beschäftigung schafft: im unteren Einkommensbereich. Daneben werden Sozialreformen wie die Bürgerversicherung weitere Spielräume für Beitragssenkungen schaffen.
Wer niedrigere Sozialversicherungsbeiträge und gleichzeitig niedrigere Steuern verspricht lebt in einem finanzpolitischen Wolkenkuckucksheim oder muss die Pläne über massive Einschnitte in das Leistungsrecht kompensieren. Wir wollen das Niveau der sozialen Sicherung erhalten. Die sozialen Sicherungssysteme Deutschlands sind nicht überdimensioniert, sie sind nur falsch finanziert. Eine beschäftigungsfreundliche Umfinanzierung ist möglich und muss jetzt entschieden angepackt werden. Mehrbelastungen für starke Schultern stehen neue Chancen für diejenigen gegenüber, die bisher außerhalb oder am Rande unserer Arbeitsgesellschaft standen. Wir finden, am Ende gewinnen alle.
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