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Die Diskussion um saubere Luft am Theodor-Heuss-Ring in Kiel und in unseren Städten ist vor allem eins: eine schallende Ohrfeige für die Politik. Denn die EU-Richtlinie für die Luftreinhaltung gilt ja bereits seit 2010. Und dass die Grenzwerte speziell für Stickoxide seit Jahre nicht nur bei ungünstigen Wetterlagen überschritten werden, ist ebenfalls kein Geheimnis. Auch als 2015 systematischer Betrug deutscher Autobauer bei den Abgaswerten ihrer Dieselfahrzeuge bekannt wurde, blieb die Politik in Berlin untätig. Wirkungslose Software-Updates waren die lahme Antwort. Richtig wäre gewesen, die Konzerne zu einer technischen Nachrüstung der Dieselfahrzeuge zu zwingen, damit diese die Abgasnormen überhaupt einhalten können.
Ob das von der Stadt Kiel vorgelegte Maßnahmenpaket zur Senkung der Stickoxidemissionen im Theodor-Heuss-Ring und auf der Bahnhofstraße ausreicht, wird vielstimmig bezweifelt. Die Antwort wird am Ende der Entwurf des Luftreinhalteplans des Umweltministeriums liefern. Eines ist auf jeden Fall klar: Die Europäische Umweltagentur (EEA) gehe in Deutschland von über 40.000 Todesfällen durch Luftverschmutzung aus, schrieb das „Ärzteblatt“. Angesichts dieser Zahlen und dauerhaft überschrittener Grenzwerte braucht es in Kiel Maßnahmen, die in Rechenmodellen und in der Wirklichkeit dafür sorgen, dass die Luftqualität besser wird. Es gibt ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das sollte auch Kiel nicht länger mit Abgasen traktiert werden!
Kiel braucht keine Maßnahmenkosmetik
Was Kiel nicht braucht, ist „Maßnahmenkosmetik“. In der „Stellungnahme der Landeshauptstadt Kiel zum Entwurf des Luftreinhalteplans“ vom 17. Dezember 2018 wird eine ganze Palette von Maßnahmen aufgezählt, die allesamt gut und richtig sind. Viele von denen sind auch politisch längst beschlossen und befinden sich bestenfalls in anfänglicher Umsetzung. Doch am Ende wird es eine nachhaltige Verbesserung der Situation nur dann geben, wenn spürbar weniger Fahrzeuge auf dem Theodor-Heuss-Ring und in ganz Kiel unterwegs sind. Solange auf diesem Niveau Kraftfahrzeuge durch Kiel rollen, die mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden, kann es bestenfalls eine Verlagerung des Problems in andere Straßen geben. Und das darf nicht unser Ziel sein!
Das Ein-Euro-Ticket muss schnell kommen
Wer Mobilität mit weniger Fahrzeugen gewährleisten und erhalten will, muss unter anderem mehr Menschen dazu bringen, den ÖPNV zu nutzen. Dazu braucht es mehr und bessere Verbindungen auf der Straße und dem Wasser. Mit einem neuen Tarifsystem müssen wir deutlich machen, dass es auch wirtschaftlich attraktiv ist, Bus und Fähre zu fahren – und bestenfalls und wenn möglich auf das eigene Auto zu verzichten. Ein noch besser ausgebautes Car-Sharing kann dabei übrigens helfen. Die Rathaus-Kooperation hat vereinbart, das Ein-Euro-Ticket bis 2023 einzuführen. Das muss viel schneller passieren! Wir müssen endlich Lösungen schaffen, die Pendler‘*innen motivieren, umzusteigen.
Parkraum konsequent bewirtschaften
Motivationshilfen gibt es einige: Wer konsequent den Parkraum bewirtschaftet, kann beim Umsteigen in den ÖPNV oder in eine Fahrgemeinschaft helfen. Wir brauchen viel mehr Tempo bei der Errichtung sicherer und schneller Fuß- und Radwegeverbindungen. Modellversuche auf der Werftstraße und der Eckernförder Straße könnten helfen herauszufinden, ob die Bereitstellung heutiger Kfz-Fahrspuren für den Radverkehr den gewünschten Effekt hat. Viel weitreichendere Tempolimits sorgen für mehr Verkehrssicherheit auch in den Quartieren und senken den Reifenabrieb, der nicht unerheblich zur Feinstaubbelastung beiträgt.
Fahrverbote sind kein Selbstzweck
Ob Kiel in der aktuellen Situation am Theodor-Heuss-Ring wirklich ohne ein Fahrverbot auskommt, muss nun das Umweltministerium ermitteln. Ein Fahrverbot ist ja kein Selbstzweck, und eine Umweltzone wäre ohnehin wirksamer, weil diese Maßnahme den Verkehr nicht nur in die Nachbarstraßen abdrängt. Am Ende gäbe es solche Maßnahmen nur nach einer Übergangszeit, schrittweise und mit Ausnahmeregelungen für Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Gewerbetreibende. Auch Pendler*innen bräuchten Zeit, um neue Wege zur Arbeit zu suchen. Wenn wir die Luftqualität – nicht nur im Theodor-Heuss-Ring – nachhaltig verbessern und die Gesundheit von Menschen nicht länger schädigen wollen, kann es kein „weiter so!“ geben. Luft- und Klimaschutz braucht Veränderung – jetzt!
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