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Holstenstraße - Wie eine Wiederbelebung gelingt

Immer mehr etablierte Einzelhändler*innen schließen ihre Läden  oder Filialen in der Holstenstraße. Begründet wird das oft mit dem Bau des Holstenfleets oder - ein paar Jahre zuvor - die Eröffnung des CITTI-Parks. Ich denke nicht, dass die Baustelle das Hauptproblem der Holstenstraße ist. Die Herausforderungen sind an anderer Stelle gelagert und waren schon vor dem Bau des Holstenfleets erkennbar. Gefragt sind alle: Stadt, Wirtschaftsförderung, Handelskammer und die Einzelhändler*innen selbst, um die Innenstadt zu einem attraktiven Ort mit hoher Aufenthaltsqualität zu machen, an dem das Einkaufen wirklich Spaß macht. [weiter]

15.01.19 – von Jessica Kordouni –

Immer mehr etablierte Einzelhändler*innen schließen ihre Läden  oder Filialen in der Holstenstraße. Begründet wird das oft mit dem Bau des Holstenfleets oder - ein paar Jahre zuvor - die Eröffnung des CITTI-Parks. Ich denke nicht, dass die Baustelle das Hauptproblem der Holstenstraße ist. Die Herausforderungen sind an anderer Stelle gelagert und waren schon vor dem Bau des Holstenfleets erkennbar. Gefragt sind alle: Stadt, Wirtschaftsförderung, Handelskammer und die Einzelhändler*innen selbst, um die Innenstadt zu einem attraktiven Ort mit hoher Aufenthaltsqualität zu machen, an dem das Einkaufen wirklich Spaß macht.

 

Warum die Holstenstraße kein Glanzstück der Shoppingwelt ist

Vergleicht man die Holstenstraße mit anderen Innenstädten wie Flensburg, Lübeck oder Eckernförde, so wird schnell klar, dass  Kiels Fußgängerzone Flair fehlt. Im Vergleich: Die Holtenauer Straße, die eigentlich durch den starken Verkehr relativ stark belastet ist, schafft es trotzdem, mit einem guten Einzelhandelskonzept, dieses Manko auszugleichen.

Was unterscheidet die Holstenstraße von anderen Innenstädten?

1. Verkehr und verbauter Zugang zur Förde

An der Holstenstraße fließt zu viel Verkehr vorbei, was zu einem erhöhten Lärmpegel führt. Der Holstenfleet ist dort der richtige Schritt, um einen Teil dieses Verkehrs aus der Innenstadt heraus zu nehmen. Weitere Schritte zur Verkehrsberuhigung müssen folgen. Es lohnt ein Blick nach Eckernförde: Dort wurde die zuvor stark befahrene Frau-Clara-Straße zur Schritttempo-Zone umgewandelt und damit sowohl der hintere Teil der Einkaufsstraße (Nikolai-Straße) als auch der Hafen besser an die Innenstadt angebunden. Das hat zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung der Einkaufsstraße geführt. Durch Neu- und Umbauten am Hafen endet diese Innenstadt mit gastronomischen Angeboten direkt am Wasser. Neben einer weiteren Verkehrsberuhigung muss also auch in Kiel die Entwicklung hin zur Förde umgesetzt werden, was richtigerweise von Politik und Verwaltung auch schon erkannt wurde.

2. Das Kiel-Flair

Der Holstenstraße fehlt das norddeutsche Flair. Beim Gang durch Städte wie Lübeck oder Husum sind landestypische oder stadttypische Spezialitäten und Mitbringsel in der Gastronomie und vielen Geschäften zu finden. Aus touristischem Blickwinkel hat die Holstenstraße nur sehr wenig zu bieten. Die schnöde Präsentation von Waren in flächenmäßig oft überdimensionierten Geschäften reicht heute nicht mehr. Es fehlen Düfte, Fassaden und attraktive Schaufensterauslagen -  Atmosphäre eben. Es stellt sich die Frage:Welche Waren werden mit Kiel und Schleswig-Holstein verbunden und wie siedeln wir diese gezielt in der Innenstadt an? Auch mobile Stände könnten helfen, mehr Kiel-Flair in die Holstenstraße zu bringen.

3. Der Warenmix

Ein weiteres Problem ist der Warenmix der Innenstadt, dem es an Individualität und Abwechslung fehlt. Das macht die Holstenstraße langweilig und austauschbar, was natürlich auch der jahrelangen Stagnation geschuldet ist. Wer raus geht zum Shoppen, sucht den besonderen Mantel oder den besonderen Schuh im Schaufenster. Käufer*innen wollen in der analogen Einkaufswelt überrascht werden, sie wollen entdecken, anfassen können, über etwas „stolpern“! Wer Menschen zum Kauf eines Artikels bewegen will, der gar nicht auf der Einkaufsliste stand, muss dafür etwas tun.  Daher ist es für eine Innenstadt existentiell wichtig, verschiedene und vor allem besondere Waren in verschiedenen Preisklassen anzubieten.

4. Die Zielgruppe

Für das richtige Konzept muss die Zielgruppe bekannt sein. CITTI-Park, Sophienhof, Holtenauer Straße und die Dänische Straße bedienen unterschiedliche Bedürfnisse und Menschen. Die Holstenstraße ist noch immer zu sehr verhaftet im Gedanken einer breit aufgestellten Einkaufsstraße, die jedes Bedürfnis befriedigt. Das führt zur Profillosigkeit.

5. Straße ohne Ecken und Kanten

Einkaufsstraßen wie in Schleswig oder Flensburg locken auch deswegen, weil es viele kleine Nebengassen, sogenannte B-Lagen, gibt, wo Kunsthandwerk, Künstler und Gastronomien zu finden sind. Diese Gassen laden  Besucher*innen zum Entdecken ein. Solche besonderen Ecken und Geschäfte finden sich in der Holstenstraße leider nur vereinzelt, wie zum Beispiel der Kaffeeladen in der Faulstraße. Das liegt natürlich auch daran, dass es an Gässchen fehlt. Die Holstenstraße ist baulich gesehen ein Schlauch, was sie nicht wirklich attraktiver macht. Auf der anderen Seite sind die wenigen Gassen um den Alten Markt herum sowohl baulich als auch wirtschaftlich kaum entwickelt  oder  verbaut. Dieses Manko muss daher mit anderen Mitteln ausgeglichen werden und mehr Platz für individuelle Angebote zum Entdecken geschaffen werden.

6. Familienfreundlichkeit

Ebenso möchte ich auf die Familienfreundlichkeit eingehen. Und zwar aus zweierlei Gründen: Erstens, wer schon in der Kindheit stationäre Geschäfte mit positiven Erinnerungen verbindet, der ist auch als Erwachsene*r bereit, einen Laden zu besuchen, statt alles im Internet zu kaufen. Dieser Aspekt wird oft unterschätzt. Zum zweiten suchen Eltern von kleinen Kindern fast jedes Wochenende Möglichkeiten für Familienausflüge, im Idealfall welche, die nicht viel kosten. Daher halten sich am Sonnabend viele Familien im Shoppingcenter auf. Ob das pädagogisch wertvoll ist, sei  dahin gestellt. Die Holstenstraße sollte dieses Potenzial nutzen und familienfreundlicher werden. Leider ist dort kein einziger Spielzeugladen mehr zu finden. Einen Spielplatz gibt es nur zu bestimmten Jahreszeiten auf dem Holstenplatz. Auch das Angebot von Sitzplätzen und Ruhezonen ist spärlich, was vor allem Senior*innen immer wieder bemängeln.

 

Was braucht es für eine erfolgreiche Entwicklung der Innenstadt?

Eine erfolgreiche Innenstadtentwicklung kann nur in Zusammenarbeit mit allen Akteuren vor Ort und mit gezielter Wirtschaftsförderung sowie einem guten Stadtmarketing erreicht werden. Politik und Stadt können dort den Prozess mit weiteren baulichen und infrastrukturellen Maßnahmen unterstützen.

Herausforderung 1: Kooperation und Eigentümerverhältnisse

Der Erfolg von Einkaufsstraßen wie der Holtenauer sind darin begründet, dass die Einzelhändler*innen  kooperieren und sich austauschen. Die Wirtschaftsförderung sollte auch in der Holstenstraße die Kooperation zwischen den Unternehmern  anregen und Vorteile herausstreichen. Ebenso wie die Einzelhändler selbst die Kooperationen weiterführen und ausbauen sollten, um ein stimmiges Konzept für den Raum Holstenstraße zu finden. Dort sind einige Prozesse bereits angestoßen und sollten intensiviert werden. Zudem kann eine gezielte Ansprache und Ansiedlung bestimmter Geschäfte den Warenmix optimieren und so positive Effekte auf die gesamte Innenstadt haben. Ein zentrales Problem sind die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse in der Stadt, die eine Steuerung in Richtung Mietsenkung oder Teilung der Ladenflächen, um Gründer*innen anzulocken, schwierig machen. Der Weg der Zwischennutzung wie mit den der Pop-Up-Stores, sollte fortgesetzt werden.

Herausforderung 2: Digitalisierung und Wandel des Einzelhandels

Immer wieder wird der Online-Handel verantwortlich gemacht, wenn Geschäfte in der Innenstadt schließen.  Die Digitalisierung betrifft natürlich auch den Einzelhandel und verändert das Kaufverhalten der Laufkundschaft. Von zu Hause aus informieren sich die Menschen über die Geschäfte in der Innenstadt. Vor Ort nutzen sie ihr Smartphone, um weitere Informationen zu erhalten oder sogar mit dem Telefon oder einer Smartwatch zu bezahlen. Ladengeschäfte werden sich immer mehr zu Ausstellungsräumen wandeln, in denen der Kunde sich die Ware ansieht, sich beraten lässt und das Gekaufte nach Hause geliefert wird.

Einzelhändler*innen sollten das Internet als Erweiterung ihres eigenen Services verstehen, mit dem sie mit den Kund*innen in Kontakt treten und auch bleiben. Dort können sie ihre großen Stärke ausspielen: zwischenmenschlicher Kontakt und Vertrauen. Zwei Dinge, die das Internet nicht bieten kann. Der eigene Online-Shop und der Webauftritt müssen zu integralen Bestandteilen des Verkaufsprozesses werden. Einer Kundin gefällt ein Kleid, aber es ist nicht in der richtigen Größe oder Farbe auf Lager? Kein Problem, der Verkäufer bestellt es und lässt es ihr nach Hause liefern. Die Kundin bezahlt vor Ort. Auch der umgekehrte Weg ist denkbar. Ein Kunde kauft Fisch für die Familienfeier am Wochenende und kann ihn am Sonnabend Morgen frisch im Laden abholen. Omni-Channel nennt man diese Verbindung zwischen stationären Handel und Onlinewelt. Auch Content-Marketing führt zu Kundenbindung. Ein Supermarkt postet das Bild eines Gerichtes auf Instagram und liefert Rezept und Zutaten gleich mit, so dass die Kund*innen nur noch in den Laden kommen müssen, um die Sachen einzukaufen. Ein Bastelladen zeigt Tutorials zum Basteln von Weihnachtssternen auf Youtube und sagt dem Kund*innen, wo das Papier dafür im Laden zu finden ist. Ich bin deshalb hier etwas ausführlicher geworden, um zu zeigen, worum es bei der Übersetzung zwischen Online- und Offlinewelt geht und wie viele Potenziale das für den stationären Handel hat, selbst wenn nur kleinere Dinge genutzt werden.

Der richtige Ort, um sich über diese Aspekte auszutauschen und sich beraten zu lassen, wäre zum Beispiel die Digitale Woche Kiel. Dort könnten auch neue Instore-Technologien vorgestellt werden. Auch eine direkte Onlinevermarktung der Holstenstraße inklusive Markenbildung wäre zielführend.

Herausforderung 3: Bau und Struktur

Nach der Fertigstellung des Holsteinfleets und einer Lösung für den Holstentörn sollte sich die Politik nicht auf dem Geschaffenen ausruhen, sondern weitere bauliche Maßnahmen zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Verbesserung der Infrastruktur der Innenstadt ins Auge fassen. Zum Beispiel durch ausreichende Sanitäre Anlagen, Sitzmöglichkeiten und Begrünung. Dazu gehört auch die oben genannte Erreichbarkeit der Förde direkt von der Innenstadt ans Wasser. Als Gesamtkonzept sollte über die Holstenstraße hinaus gedacht werden und zwar über die gesamte Achse vom Hauptbahnhof bis zu Kiellinie, auf der sich Sophienhof, Holstenstraße, Dänische Straße, Kieler Schloss, Museen, Kunsthalle und Kiellinie befinden, die zu einer Erlebnisroute vom Shopping hin zu Kultur und Naherholung wird.

Das sind natürlich nur einige Ideen und eine Einschätzung von mir, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Schreibt mir gerne und teilt mir eure Gedanken mit. Entweder in den Kommentaren oder per Mail.

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Holstenstraße - Wie eine Wiederbelebung gelingt

Immer mehr etablierte Einzelhändler*innen schließen ihre Läden  oder Filialen in der Holstenstraße. Begründet wird das oft mit dem Bau des Holstenfleets oder - ein paar Jahre zuvor - die Eröffnung des CITTI-Parks. Ich denke nicht, dass die Baustelle das Hauptproblem der Holstenstraße ist. Die Herausforderungen sind an anderer Stelle gelagert und waren schon vor dem Bau des Holstenfleets erkennbar. Gefragt sind alle: Stadt, Wirtschaftsförderung, Handelskammer und die Einzelhändler*innen selbst, um die Innenstadt zu einem attraktiven Ort mit hoher Aufenthaltsqualität zu machen, an dem das Einkaufen wirklich Spaß macht. [weiter]

15.01.19 – von Jessica Kordouni –

Immer mehr etablierte Einzelhändler*innen schließen ihre Läden  oder Filialen in der Holstenstraße. Begründet wird das oft mit dem Bau des Holstenfleets oder - ein paar Jahre zuvor - die Eröffnung des CITTI-Parks. Ich denke nicht, dass die Baustelle das Hauptproblem der Holstenstraße ist. Die Herausforderungen sind an anderer Stelle gelagert und waren schon vor dem Bau des Holstenfleets erkennbar. Gefragt sind alle: Stadt, Wirtschaftsförderung, Handelskammer und die Einzelhändler*innen selbst, um die Innenstadt zu einem attraktiven Ort mit hoher Aufenthaltsqualität zu machen, an dem das Einkaufen wirklich Spaß macht.

 

Warum die Holstenstraße kein Glanzstück der Shoppingwelt ist

Vergleicht man die Holstenstraße mit anderen Innenstädten wie Flensburg, Lübeck oder Eckernförde, so wird schnell klar, dass  Kiels Fußgängerzone Flair fehlt. Im Vergleich: Die Holtenauer Straße, die eigentlich durch den starken Verkehr relativ stark belastet ist, schafft es trotzdem, mit einem guten Einzelhandelskonzept, dieses Manko auszugleichen.

Was unterscheidet die Holstenstraße von anderen Innenstädten?

1. Verkehr und verbauter Zugang zur Förde

An der Holstenstraße fließt zu viel Verkehr vorbei, was zu einem erhöhten Lärmpegel führt. Der Holstenfleet ist dort der richtige Schritt, um einen Teil dieses Verkehrs aus der Innenstadt heraus zu nehmen. Weitere Schritte zur Verkehrsberuhigung müssen folgen. Es lohnt ein Blick nach Eckernförde: Dort wurde die zuvor stark befahrene Frau-Clara-Straße zur Schritttempo-Zone umgewandelt und damit sowohl der hintere Teil der Einkaufsstraße (Nikolai-Straße) als auch der Hafen besser an die Innenstadt angebunden. Das hat zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung der Einkaufsstraße geführt. Durch Neu- und Umbauten am Hafen endet diese Innenstadt mit gastronomischen Angeboten direkt am Wasser. Neben einer weiteren Verkehrsberuhigung muss also auch in Kiel die Entwicklung hin zur Förde umgesetzt werden, was richtigerweise von Politik und Verwaltung auch schon erkannt wurde.

2. Das Kiel-Flair

Der Holstenstraße fehlt das norddeutsche Flair. Beim Gang durch Städte wie Lübeck oder Husum sind landestypische oder stadttypische Spezialitäten und Mitbringsel in der Gastronomie und vielen Geschäften zu finden. Aus touristischem Blickwinkel hat die Holstenstraße nur sehr wenig zu bieten. Die schnöde Präsentation von Waren in flächenmäßig oft überdimensionierten Geschäften reicht heute nicht mehr. Es fehlen Düfte, Fassaden und attraktive Schaufensterauslagen -  Atmosphäre eben. Es stellt sich die Frage:Welche Waren werden mit Kiel und Schleswig-Holstein verbunden und wie siedeln wir diese gezielt in der Innenstadt an? Auch mobile Stände könnten helfen, mehr Kiel-Flair in die Holstenstraße zu bringen.

3. Der Warenmix

Ein weiteres Problem ist der Warenmix der Innenstadt, dem es an Individualität und Abwechslung fehlt. Das macht die Holstenstraße langweilig und austauschbar, was natürlich auch der jahrelangen Stagnation geschuldet ist. Wer raus geht zum Shoppen, sucht den besonderen Mantel oder den besonderen Schuh im Schaufenster. Käufer*innen wollen in der analogen Einkaufswelt überrascht werden, sie wollen entdecken, anfassen können, über etwas „stolpern“! Wer Menschen zum Kauf eines Artikels bewegen will, der gar nicht auf der Einkaufsliste stand, muss dafür etwas tun.  Daher ist es für eine Innenstadt existentiell wichtig, verschiedene und vor allem besondere Waren in verschiedenen Preisklassen anzubieten.

4. Die Zielgruppe

Für das richtige Konzept muss die Zielgruppe bekannt sein. CITTI-Park, Sophienhof, Holtenauer Straße und die Dänische Straße bedienen unterschiedliche Bedürfnisse und Menschen. Die Holstenstraße ist noch immer zu sehr verhaftet im Gedanken einer breit aufgestellten Einkaufsstraße, die jedes Bedürfnis befriedigt. Das führt zur Profillosigkeit.

5. Straße ohne Ecken und Kanten

Einkaufsstraßen wie in Schleswig oder Flensburg locken auch deswegen, weil es viele kleine Nebengassen, sogenannte B-Lagen, gibt, wo Kunsthandwerk, Künstler und Gastronomien zu finden sind. Diese Gassen laden  Besucher*innen zum Entdecken ein. Solche besonderen Ecken und Geschäfte finden sich in der Holstenstraße leider nur vereinzelt, wie zum Beispiel der Kaffeeladen in der Faulstraße. Das liegt natürlich auch daran, dass es an Gässchen fehlt. Die Holstenstraße ist baulich gesehen ein Schlauch, was sie nicht wirklich attraktiver macht. Auf der anderen Seite sind die wenigen Gassen um den Alten Markt herum sowohl baulich als auch wirtschaftlich kaum entwickelt  oder  verbaut. Dieses Manko muss daher mit anderen Mitteln ausgeglichen werden und mehr Platz für individuelle Angebote zum Entdecken geschaffen werden.

6. Familienfreundlichkeit

Ebenso möchte ich auf die Familienfreundlichkeit eingehen. Und zwar aus zweierlei Gründen: Erstens, wer schon in der Kindheit stationäre Geschäfte mit positiven Erinnerungen verbindet, der ist auch als Erwachsene*r bereit, einen Laden zu besuchen, statt alles im Internet zu kaufen. Dieser Aspekt wird oft unterschätzt. Zum zweiten suchen Eltern von kleinen Kindern fast jedes Wochenende Möglichkeiten für Familienausflüge, im Idealfall welche, die nicht viel kosten. Daher halten sich am Sonnabend viele Familien im Shoppingcenter auf. Ob das pädagogisch wertvoll ist, sei  dahin gestellt. Die Holstenstraße sollte dieses Potenzial nutzen und familienfreundlicher werden. Leider ist dort kein einziger Spielzeugladen mehr zu finden. Einen Spielplatz gibt es nur zu bestimmten Jahreszeiten auf dem Holstenplatz. Auch das Angebot von Sitzplätzen und Ruhezonen ist spärlich, was vor allem Senior*innen immer wieder bemängeln.

 

Was braucht es für eine erfolgreiche Entwicklung der Innenstadt?

Eine erfolgreiche Innenstadtentwicklung kann nur in Zusammenarbeit mit allen Akteuren vor Ort und mit gezielter Wirtschaftsförderung sowie einem guten Stadtmarketing erreicht werden. Politik und Stadt können dort den Prozess mit weiteren baulichen und infrastrukturellen Maßnahmen unterstützen.

Herausforderung 1: Kooperation und Eigentümerverhältnisse

Der Erfolg von Einkaufsstraßen wie der Holtenauer sind darin begründet, dass die Einzelhändler*innen  kooperieren und sich austauschen. Die Wirtschaftsförderung sollte auch in der Holstenstraße die Kooperation zwischen den Unternehmern  anregen und Vorteile herausstreichen. Ebenso wie die Einzelhändler selbst die Kooperationen weiterführen und ausbauen sollten, um ein stimmiges Konzept für den Raum Holstenstraße zu finden. Dort sind einige Prozesse bereits angestoßen und sollten intensiviert werden. Zudem kann eine gezielte Ansprache und Ansiedlung bestimmter Geschäfte den Warenmix optimieren und so positive Effekte auf die gesamte Innenstadt haben. Ein zentrales Problem sind die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse in der Stadt, die eine Steuerung in Richtung Mietsenkung oder Teilung der Ladenflächen, um Gründer*innen anzulocken, schwierig machen. Der Weg der Zwischennutzung wie mit den der Pop-Up-Stores, sollte fortgesetzt werden.

Herausforderung 2: Digitalisierung und Wandel des Einzelhandels

Immer wieder wird der Online-Handel verantwortlich gemacht, wenn Geschäfte in der Innenstadt schließen.  Die Digitalisierung betrifft natürlich auch den Einzelhandel und verändert das Kaufverhalten der Laufkundschaft. Von zu Hause aus informieren sich die Menschen über die Geschäfte in der Innenstadt. Vor Ort nutzen sie ihr Smartphone, um weitere Informationen zu erhalten oder sogar mit dem Telefon oder einer Smartwatch zu bezahlen. Ladengeschäfte werden sich immer mehr zu Ausstellungsräumen wandeln, in denen der Kunde sich die Ware ansieht, sich beraten lässt und das Gekaufte nach Hause geliefert wird.

Einzelhändler*innen sollten das Internet als Erweiterung ihres eigenen Services verstehen, mit dem sie mit den Kund*innen in Kontakt treten und auch bleiben. Dort können sie ihre großen Stärke ausspielen: zwischenmenschlicher Kontakt und Vertrauen. Zwei Dinge, die das Internet nicht bieten kann. Der eigene Online-Shop und der Webauftritt müssen zu integralen Bestandteilen des Verkaufsprozesses werden. Einer Kundin gefällt ein Kleid, aber es ist nicht in der richtigen Größe oder Farbe auf Lager? Kein Problem, der Verkäufer bestellt es und lässt es ihr nach Hause liefern. Die Kundin bezahlt vor Ort. Auch der umgekehrte Weg ist denkbar. Ein Kunde kauft Fisch für die Familienfeier am Wochenende und kann ihn am Sonnabend Morgen frisch im Laden abholen. Omni-Channel nennt man diese Verbindung zwischen stationären Handel und Onlinewelt. Auch Content-Marketing führt zu Kundenbindung. Ein Supermarkt postet das Bild eines Gerichtes auf Instagram und liefert Rezept und Zutaten gleich mit, so dass die Kund*innen nur noch in den Laden kommen müssen, um die Sachen einzukaufen. Ein Bastelladen zeigt Tutorials zum Basteln von Weihnachtssternen auf Youtube und sagt dem Kund*innen, wo das Papier dafür im Laden zu finden ist. Ich bin deshalb hier etwas ausführlicher geworden, um zu zeigen, worum es bei der Übersetzung zwischen Online- und Offlinewelt geht und wie viele Potenziale das für den stationären Handel hat, selbst wenn nur kleinere Dinge genutzt werden.

Der richtige Ort, um sich über diese Aspekte auszutauschen und sich beraten zu lassen, wäre zum Beispiel die Digitale Woche Kiel. Dort könnten auch neue Instore-Technologien vorgestellt werden. Auch eine direkte Onlinevermarktung der Holstenstraße inklusive Markenbildung wäre zielführend.

Herausforderung 3: Bau und Struktur

Nach der Fertigstellung des Holsteinfleets und einer Lösung für den Holstentörn sollte sich die Politik nicht auf dem Geschaffenen ausruhen, sondern weitere bauliche Maßnahmen zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Verbesserung der Infrastruktur der Innenstadt ins Auge fassen. Zum Beispiel durch ausreichende Sanitäre Anlagen, Sitzmöglichkeiten und Begrünung. Dazu gehört auch die oben genannte Erreichbarkeit der Förde direkt von der Innenstadt ans Wasser. Als Gesamtkonzept sollte über die Holstenstraße hinaus gedacht werden und zwar über die gesamte Achse vom Hauptbahnhof bis zu Kiellinie, auf der sich Sophienhof, Holstenstraße, Dänische Straße, Kieler Schloss, Museen, Kunsthalle und Kiellinie befinden, die zu einer Erlebnisroute vom Shopping hin zu Kultur und Naherholung wird.

Das sind natürlich nur einige Ideen und eine Einschätzung von mir, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Schreibt mir gerne und teilt mir eure Gedanken mit. Entweder in den Kommentaren oder per Mail.

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